Die Ära der 8bit Musik

Bis in die 1980er-Jahre verfügten Videospiele über keine Hintergrundmusik – abgesehen von einfachen Pieptönen, die beim Wechsel von einem Level zum nächsten zu hören waren. Doch Hintergrundmusik macht Spiele für viele Gamer deutlich spannender und atmosphärischer. So entwickelte sich nach und nach die 8-Bit-Musik, deren Ursprung in Europa liegt. Besonders die allseits bekannte Hintergrundmusik von Super Mario ist ein charakteristisches Beispiel für klassische 8-Bit-Musik.

Doch was genau ist 8bit Musik?

8-Bit-Musik – auch bekannt als Chiptunes, Bitpop oder Chip-Musik – ist computergenerierte Musik. Was dieses Genre von jeder anderen Musikart unterscheidet, ist die spezielle Technologie, mit der es produziert wird. 8-Bit-Musik entsteht mit der Hardware und den Tools klassischer Vintage-Videospiele und Computertechnik. Zu den bekanntesten Systemen, die mit 8-Bit-Musik arbeiten, zählen der Amiga 500, das Nintendo Entertainment System (NES) bzw. Famicom, der Commodore 64 und der Nintendo Game Boy.

Geschichte der 8bit Musik

Die ersten Heimcomputer – wie der IBM PC oder der Apple II – waren mit Systemlautsprechern ausgestattet, die direkt von der CPU gesteuert wurden. Dadurch war es möglich, über den Lautsprecher Klickgeräusche und einfache Töne auszugeben. Auf diese Weise ließen sich bereits fortgeschrittene Musikklänge erzeugen, allerdings benötigte dies fast die gesamte Rechenleistung der CPU. Der Computer hatte somit kaum Ressourcen für andere Aufgaben übrig. Um den Prozessor zu entlasten, wurde ein Soundchip entwickelt – die Grundlage der später so beliebten 8-Bit-Musik.

Die ersten Chiptunes waren sehr einfach und bestanden hauptsächlich aus Pieptönen. Mit zunehmender Leistungsfähigkeit der Computer konnten jedoch verschiedene Schallwellen erzeugt und mehrere Tonspuren gleichzeitig abgespielt werden. Durch den internationalen Austausch von Klängen verbreitete sich diese Musikrichtung schließlich auch nach Amerika und Japan. Aus der 8-Bit-Musik entwickelte sich eine große Szene von Chiptune-Musikern, deren Sounds heute von Rock über Pop bis hin zu Dubstep reichen.

Chiptunes in Videospielen

Als Computer in den frühen 1980er-Jahren deutlich preisgünstiger wurden, begannen viele Menschen, ihre Geräte aufzurüsten. Chip-Musikproduzenten nutzten diesen Trend und machten sich ausrangierte Computer und Spielkonsolen zunutze. Besonders in Videospielen wurde der Einsatz von Chiptunes in dieser Zeit äußerst populär.

Das erste Videospiel mit Chip-Musik war Nishikados Arcade-Spiel Gun Fight. Das erste Spiel mit einer Anfangsmelodie erschien 1975. Im Jahr 1978 veröffentlichte Nishikado Space Invaders – ein Spiel, bei dem sich das Tempo erhöhte, sobald der Spieler angegriffen wurde. Zum ersten Mal interagierte die Chip-Musik direkt mit den Spielern und machte das Spielerlebnis dadurch deutlich spannender als ohne Musik.

Rally X, ein weiteres beliebtes Spiel, wurde 1980 von Namco veröffentlicht und bot erstmals während der gesamten Spielzeit durchgehende Hintergrundmusik. Seit den 1980er-Jahren hat die 8-Bit-Musik in Videospielen erhebliche Fortschritte gemacht. Künstler entwickelten bessere Tunes, Konverter und Tracker, mit denen sich die ursprüngliche Hardware originalgetreu nachbilden ließ.

Konsolen lösen altbewährte Computer ab

Der Spectrum war eine der frühesten Hardwareplattformen zur Erzeugung von Chip-Sounds. Das Gerät verfügte über einen Drei-Kanal-Sound, einen integrierten Piepser sowie einen 128k-AY-3-8912-Chip.

Später wurde der Commodore 64 eingeführt, der statt Wave-Sounds mit SID-Chip-Filtern arbeitete. Der Commodore Amiga wurde erstmals 1987 vorgestellt und setzte ebenfalls neue Maßstäbe in der digitalen Klangerzeugung.

Dieser Heimcomputer verfügte über ein Vierkanal-Soundsystem. Später wurden Konsolen eingeführt, die einen Fünf-Kanal-Sound boten – bestehend aus zwei Pulswellen, einer Dreieckswelle, einem Rauschkanal und einer Sample-Datenquelle mit geringer Qualität. Mit der Zeit entwickelten verschiedene Künstler kreative Hacks, um Chiptunes zu verbessern. So hackte Tim Follin den 48k-Piepser, um polyphone Klänge zu erzeugen. Chris Huelsbeck programmierte sogar einen Sieben-Kanal-Sound, der auf einem Vierkanal-Amiga funktionierte.

Wie entsteht 8bit Musik?

8-Bit-Musik wird mit unterschiedlichen Wellenformen erzeugt, darunter Puls- bzw. Rechteckswellen (Pulse), Sinuswellen (Sine), Dreieckswellen (Triangle), Sägezahnwellen (Sawtooth) und Rauschen (Noise). Jede dieser Wellenformen erzeugt ihren ganz eigenen Chip-Sound.

Anfangs wurde 8-Bit-Musik durch einfache Tongeneratoren erzeugt. Damit konnten bis zu vier sinusförmige Pieptöne gleichzeitig generiert werden. Jedes Chiptune entsteht dabei unter Verwendung spezifischer Chip-Sounds.

Wenn Sie sich für einen bestimmten Chip-Sound entscheiden, sollten Sie dessen Anforderungen und Wellenformen berücksichtigen, um die gewünschten Klangergebnisse zu erzielen. Dafür gibt es sogenannte Tracker, mit denen sich die Einschränkungen eines bestimmten Chip-Sounds einhalten lassen. Diese Tracker werden zusammen mit der Hardware genutzt, um sicherzustellen, dass der erzeugte Sound exakt dem tatsächlichen Klang der verwendeten Hardware entspricht.

Beim Erstellen von 8-Bit-Musik folgt man einem bestimmten Muster (Pattern), das aus mehreren Spuren besteht, die gleichzeitig wiedergegeben werden. Jedes Pattern hat eine festgelegte Abfolge, die bestimmt, wann die einzelnen Songs oder Teile abgespielt werden, wie lange sie dauern und ob sie in einer Schleife (Loop) wiederholt werden sollen oder nicht.

Wie bereits erwähnt, erzeugt jede Wellenform ihren eigenen, charakteristischen Chip-Sound:

  • Die Sägezahnwelle (Sawtooth) hat einen scharfen Klang und kann sowohl für Melodien als auch für Basslinien eingesetzt werden. Sie wird hauptsächlich vom Famicom Disk System unterstützt, kann jedoch teilweise auch in NES-Anwendungen verwendet werden.
  • Die Pulswellenform kann ihren Zyklus variieren, um entweder hohle oder scharfe Töne zu erzeugen.
  • Die Sinuswellenform erzeugt weiche, gleichmäßige Klänge und erinnert häufig an den Klang einer akustischen Gitarre. Sie entfaltet ihren Charakter besonders gut in hohen Frequenzen, da dort die Unterschiede zwischen den einzelnen Noten deutlich erkennbar sind.
  • Die Dreieckswellenform wird meist für tiefe Basstöne eingesetzt und hat einen eher schilfigen, dünnen Klang.
Infografik Waveforms
Bild: Wellenformen für 8bit Musik; Quelle: retrogames-online.com

Die Noten passen die Chip-Sounds an und ordnen sie bestimmten Musiknoten zu, sodass Künstler Melodien in unterschiedlicher Komplexität komponieren können. Darüber hinaus kommen spezielle Effekte zum Einsatz. Diese geben den Noten bestimmte Befehle, um den gewünschten Klang – etwa Puls, Sägezahn oder Rauschen – zu erzeugen.

 

Software-Tools

Tracker sind die primäre Software zur Erstellung von Chip-Musik. Auch wenn sich die einzelnen Tracker in ihren Funktionen unterscheiden, ist die grundlegende Methodik bei der Produktion von Chiptunes nahezu immer gleich. Die Musik wird dabei auf sogenannten Tracks erstellt – vertikalen Spuren, auf denen die einzelnen Noten und Effekte platziert werden. Moderne Tracker können deutlich mehr Spuren verarbeiten als ihre älteren Vorgänger.

MOD

1987 entwickelte Karsten Obarski das MOD-Format für seinen Ultimate Tracker, der auf Amiga-Computern lief. Seitdem wurden zahlreiche Songs speziell für die Demoszene komponiert. Alle MOD-Samples werden in 8 Bit gespeichert, und die Anzahl der Tonspuren ist auf vier begrenzt. Um den Effekt von Akkorden zu erzeugen, werden drei Noten extrem schnell hintereinander abgespielt – genau das verleiht MODs ihren unverwechselbaren Charakter. Einer der beliebtesten Flash-Modplayer war 8BitBoy, ein Amiga-Modplayer für den Flash9-Player.

Famitracker

Famitracker ist ein kostenloser Tracker für Windows, der wie eine klassische Windows-Anwendung funktioniert und Komponisten dabei hilft, Chip-Sounds auch ohne spezielle Hardware zu erstellen. Das Programm verfügt über eine Exportfunktion für NSF-Dateien, sodass die erstellten Sounds auf echter Hardware abgespielt oder in NES-Anwendungen verwendet werden können. Famitracker erzeugt Chip-Sounds, die dem 2A03-Chip ähneln.

Open Modplug Tracker

Eine weitere weit verbreitete Software ist der Open ModPlug Tracker (OpenMPT). Das Programm ist für Windows verfügbar und unterstützt Virtual Studio Technology (VST)-Effekte. Zu den vom Open ModPlug Tracker unterstützten Instrumenten gehören unter anderem Synthesizer und Drum-Kits. Zudem kann der Tracker mit ITP-, MOD- und XM-Dateien arbeiten.

SonantLive

Eine weitere Software, die von 8-Bit-Musikern genutzt wird, ist SonantLive. Sie bietet wichtige Anleitungen für Patterns, Wellenformen und Sequenzen und funktioniert zudem direkt im Browser. Das Besondere an SonantLive ist, dass es detaillierte Einblicke in den Prozess der Konstruktion von Patterns vermittelt.

SunVox-Software

Die SunVox-Software kann ebenfalls zum Komponieren von Musik genutzt werden und bietet mehr Synthesizer sowie Effekte als SonantLive. Sie ist flexibel aufgebaut und kann auch auf älteren Windows-Versionen verwendet werden. Darüber hinaus funktioniert sie auf mobilen Geräten und wird sowohl von Windows– als auch von Android-Systemen unterstützt.

Fazit

8-Bit-Musik hat sich im Laufe der Jahre stetig weiterentwickelt und wurde von Gamern immer wieder als Hintergrund für verschiedenste Spiele genutzt. Auch heute ist es möglich, Chiptunes mit Software wie beispielsweise SonantLive oder SunVox zu produzieren. Die Tunes werden zusätzlich durch Effekte verstärkt, um das Spielerlebnis für Gamer noch interessanter zu gestalten.